Es wurde schon oft versucht, das Wesen des Dichterischen zu fassen;

doch Wesen scheinen genauso unauffindbar zu sein, wie die so sehr ersehnt gesuchte Seele.
Wenden wir uns beispielsweise einem der neueren Versuche, Alexander Nitzbergs Lyrik Baukasten, zu.

Herr Nitzberg meint: Wenn wir nicht allein die Laute, sondern auch die Wörter als Träger und Lenker der lyrischen Substanz ansehen, werden für uns alle Wortarten relevant, insbesondere die drei wichtigsten: Haupt-, Tätigkeits- und Eigenschaftswörter. Welche von ihnen dürfen wir als unsere eigentlichen Werkzeuge betrachten? Nun, die deutschen Bezeichnungen drücken die Rangfolge sehr treffend aus: Die Hauptwörter - die Substantive - sind, wie ihr Name schon sagt, die bedeutendsten.
Nitzberg, 2006_77

Ein kontrafaktisches Beispiel macht theoretische Aussagen fragwürdig, das wurde uns im Grundstudium erzählt; freilich, beibringen mussten wir es uns selbst. Wie also steht es dann mit Folgendem und der letzten Behauptung Nitzbergs in obigem Text-Auszug?

schnuppern

schnuppern.
schnüffeln.
schlecken.
schmecken.
schnuppern.
schnappen.
beißen.
beißen. reißen, beißen,
kauen. kauen. schlucken.
beißen, reißen, beißen,
kauen, schlucken.
reißen schlucken.
beißen reißen schlingen.
beißen schlingen.
guut.
schnüffeln
schnuppern -

Stenkamp, #

Sicher, wir kennen die Erklärungen: wegen einem fragwürdigen Beispiel sollte keine Theorie sofort über Bord geworfen werden, oder: eine Ausnahme verweise doch erst recht auf die, nun aber ausgenommene (schöne Doppeldeutigkeit), Regel, ...

Deshalb hier als zweites, ein früheres Beispiel: “fassen”

(Wegen einem geheimen Wort, so heißt es, fliegt das ganze verkehrte Wesen fort!)
Doch welcher Literaturwissenschaftler hat sich schon mal diese Mühe gemacht ohne Dichter zu werden?
Interesse geweckt? >>>>

    Verflixt perplex, die Substanz bleibt hier, die Aktion führt wex.

Halten wir fest, Alexander Nitzberg meint, Laute seien die Grundbausteine der Lyrik. Kurt Schwitters meinte, Buchstaben seien die Grundbausteine der Lyrik.

Beide gehen von Grundbausteinen aus und versuchen, wie Mathematiker mit Elementen, allgemeinen Zahlen, induktiv die ganze Reihe über Worte, Verse, Strophen bis hin zum Gedicht zu erweitern.
Das hat nur einen Haken, Induktionen gelten nur in vollständiger Version als bewiesen. Das heißt, das erste Induktionsglied muss bekannt sein. Für Sprach- und Literaturwissenschaftler wäre dies das Ur-Wort, die Ur-Silbe. Damit haben sich schon viele Menschen abgemüht.

[Erinnert sei an Kurt Schwitters Ur-Sonate und an Peter Rühmkorfs: agar agar - zaurzaurim. Zur Naturgeschichte des Reims und der menschlichen Anklangsnerven. Darin leitet die Ur-Dichtung er vom menschlichen Schmatzlaut an der Mutterbrust ab.]
Die Versuche sind häufig interessant, doch trotzdem wollen wir hier von ihnen lassen und uns einer anderen Zugangsweise zuwenden >>>>

 

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