Modernen Ichs dünkelt welteinverleibende Großartigkeit

Eine Großartigkeit, die das Ich als Selbst über alle Umstände erhebt*, vermeintlich. Günther Anders sprach zwar von prometheischer Scham gegenüber maschineller Perfektion; doch die hat sich, mangels perfekter Maschinen, (zu erinnern ist hier an ihre ausbleibende {künstliche} Intelligenz), in unverschämt kecke Selfies verwandelt.
Es leuchtet ein, dass, wer Höheres nicht achtet, achten kann, auch Schwierigkeiten hat, Gleiches zu achten, somit auch sich selbst, respektive seine Anderen.
Doch achtenswerte Selbste gehören unter unseren heutigen Wohlstandsverhältnissen zur Ausstattung jedes einigermaßen sortierten Kleiderschranks. Niemand mag mehr auf entsprechende Mäntelchen verzichten. Also seien, bevor wir zu Rebeccas Ansatz zentraler Lebensfragen kommen, einige weitere Fingerzeige auf unser Leben als moderne - ja was? - Individuen, - denn Subjekte trifft es kaum noch, angeführt.

Prometheus

Bedecke deinen Himmel, Zeus,
Mit Wolkendunst,
Und übe, dem Knaben gleich,
Der Disteln köpft,
An Eichen dich und Bergeshöhn;
Müßt mir meine Erde
Doch lassen stehn,
Und meine Hütte, die du nicht gebaut,
Und meinen Herd,
Um dessen Glut
Du mich beneidest.

Ich kenne nichts ärmers
Unter der Sonn' als euch, Götter!
Ihr nähret kümmerlich
Von Opfersteuern
Und Gebetshauch
Eure Majestät,
Und darbtet, wären
Nicht Kinder und Bettler
Hoffnungsvolle Toren.

Da ich ein Kind war,
Nicht wußte wo aus noch ein,
Kehrt' ich mein verirrtes Auge
Zur Sonne, als wenn drüber wär'
Ein Ohr zu hören meine Klage,
Ein Herz wie mein's,
Sich des Bedrängten zu erbarmen.

Wer half mir
Wider der Titanen Übermut?
Wer rettete vom Tode mich
Von Sklaverei?
Hast du nicht alles selbst vollendet,
Heilig glühend Herz?
Und glühtest jung und gut,
Betrogen, Rettungsdank
Dem Schlafenden da droben?

Ich dich ehren? Wofür?
Hast du die Schmerzen gelindert
Je des Beladenen?
Hast du die Tränen gestillet
Je des Geängsteten?
Hat nicht mich zum Manne geschmiedet
Die allmächtige Zeit
Und das ewige Schicksal,
Meine Herren und deine?

Wähntest du etwa,
Ich sollte das Leben hassen,
In Wüsten fliehen,
Weil nicht alle
Blütenträume reiften?

Hier sitz' ich, forme Menschen
Nach meinem Bilde,
Ein Geschlecht, das mir gleich sei,
Zu leiden, zu weinen,
Zu genießen und zu freuen sich,
Und dein nicht zu achten,
Wie ich!

Goethe, 1998, 60ff.

Was ist zu wähnen von denen, denen nicht alle Blütenträume reifen, von Menschen? >>>

 

Modernes Ich

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